Gut Pfad.
Die Post ist das einzige Unternehmen, dass sich selber Geld drucken kann - solange es nur genug schräge Vögel gibt, die Briefmarken für ihre Sammlung kaufen. Versteht mich nicht falsch liebe Freunde - auch ich habe einmal Postwertzeichen gesammelt, allerdings noch zu Zeiten, da sie erschwinglich waren. Es geht in diesem Blogeintrag auch nicht um die potentiell ruinösen Auswirkungen der Postmindestlöhne bei HartzIV-empfangenden Philatelisten. Aber nun noch einmal von vorne...
Vor einiger Zeit war ich im Hauptpostamt Hannovers um einen Brief nach München zu versenden und mich mit einem Vorrat Briefmarken einzudecken. Aufgrund der verwirrenden Struktur der Beförderungstarife der Deutschen Post AG, beschloss ich auf Nummer sicher zu gehen und mich an einem Stand anzustellen, an dem ich mir von einem davor stehenden Schild "Hier nur Verkauf von Postwertzeichen" eine deutlich verkürzte Wartezeit versprach.
Schon nach 10 Minuten geduldigen Wartens (die Kunden an den 2 anderen Schlangen waren bereits komplett ausgewechselt), machte sich mein urdeutscher "Jetzt-wart-ich-an-dieser-Schlange-bis-zum-bitteren-Ende-Instinkt" bemerkbar.
Ich würde hier warten. Bis zum bitteren Ende.
Inzwischen hatte ich schon bemerkt, dass ein grauhaariger netter alter Postbeamter mit einer walroßartigen, vorpensionären Geduldigkeit beruhigend, behende und langsam auf die Kunden einredete und behutsam verschiedene 10er-Bögen aktueller Postwertzeichen zunächst abriss, um sie später liebevoll und furchtbar langsam (wiklich sehr, sehr, sehr langsam) in Gelbe Umschläge zu drapieren. Ich war am Stand für Briefmarkensammler gelandet.
5 Minuten später waren nur noch 2 Kunden vor mir. Eine Frau, die gerne ein Einschreiben verschicken wollte und ein Mann mit grau melierten Haaren, der eine braun-olive Jacke und rote Kordhose trug und sich sichtlich unwohl fühlte.
Als der, ich nenne ihn jetzt einfach mal so, Rote-Kordhosen-Mann an den Tisch mit den Briefmarken kam, wurde er ganz geschäftlich und orderte 10er Bögen am laufenden Band - Nicht jedoch, ohne sich weiter sichtlich unwohl zu fühlen. Weniger dutzende Bögen später bellte der Rote-Kordhosen Mann die hinter ihm wartende Frau an: "Können sie nicht einfach 5 Schritte zurück gehen. Es heißt doch nicht umsonst Diskretion bitte.", während er verwirrt nach einem nicht vorhandenen, seine Behauptung untermauernden "Diskretion bitte!"-Schild Ausschau hielt - das wohl nicht da stand. (Ich gehe davon aus, dass der greise Postwertzeichenverkaufsbeamte einfach das Aufstellen versäumt hatte.)
Als ich mir den Mann so ansah, die verdutzte Frau, die wartenden Kunden hinter mir, als ich über den Sinn und Unsinn der Philatelie nachdachte, den Augenblick angespannten wartens genoß, mir klar wurde, dass die Post das einzige Unternehmen ist, das Geld drucken kann, als ich mich fragte ob es ein Diskretionsschild für diesen Stand gab, ob Arbeitslosengeld II empfangene Philatelisten besonders unter den neuen Preisen für Postwertzeichen leiden und ob alle Briefmarkensammler so komische Menschen seien - da wurde mir klar, dass es eine gute Entscheidung war mit 14 Jahren mit dem Briefmarken sammeln aufgehört zu haben.
Der Brief hat 1,45€ gekostet.
3 Kommentare zu "Gut Pfad."
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jasper.
gähn.
Herschel Rubinstein
tja, der leser richtet. so war das schon immer.
du, jasper, bist allerdings kein einfacher leser. also wenn dir die story nicht mundet, schreib was besseres.
Web2.0du.de
Du bist definitiv auch ein graumelierter Träger roter Kordhosen Jasper..