Schluss mit Bahnsteigansage
Die noch vor kurzem von mir vollmundig ausgerufene Aktion "Rettet die Bahnsteigansage" ist hiermit offiziell beendet, da ich auf die DB zur Zeit nicht gut zu sprechen bin.
Dies liegt gar nicht unbedingt daran, dass "Die Bahn", wie sie neuerdings genannt werden will, ständig die Preise erhöht und immer zu spät kommt. Damit kann ich leben, immerhin habe ich als Student - mit Semesterticket bewehrt - noch ganz gute Karten.
Allerdings gibt es eine andere Sache, die mir übel aufstößt:
Im Januar ist mein Vater gestorben - Friede seiner Asche -, und meine Mutter, die zusammen eine Bahncard mit ihm hatte, machte sich kurze Zeit später daran, seinen Nachlass zu verwalten, und die Kombi-Bahncard gegen eine einzelne umzutauschen.
So jedenfalls der Plan.
Sie nahm eine Sterbeurkunde und die Bahncards, schickte sie an die dafür zuständige Stelle, und harrte der Dinge die da kamen. Allerdings tat sich nichts. Nach zwei, drei Wochen rief sie also an, und erkundigte sich über den Fortgang des Umtausches.
Dieser, sagte man ihr, komme nicht recht voran, da eine offizielle Sterbeurkunde fehle. So musste sie also erklären, dass selbige schon lange vorliegt, nur in dem aus Effizienzzwecken bis zur Unkenntlichkeit zerklüfteten Verwaltungsapperat der Bahn verloren gegangen ist.
Na gut, die taucht schon wieder auf, nur Geduld haben und im Zweifelsfalle eine zweite hinschicken.
Das gute Stück ist dann auch glücklicherweise wieder aufgetaucht, allerdings gab es ein zweites Problem: Die Bahncards sind noch nicht da. Meine Mutter solle die bitte auch an die dafür zuständige Stelle schicken.
Das muss ich wohl nicht weiter kommentieren.
Da es meiner Mutter dann zu bunt wurde, übernahm ein Nachbar, der bei der Bahn angestellt ist, den Fall. Der konnte auch gleich einen ersten Teilsieg verbuchen: Meine Mutter bekam als Ausgleich für ihre Mühen einen Gutschein über 10€. Sehr generös, wenn man bedenkt, dass sie zwar 1,5 Monate keine Bahncard, aber dafür ordentlich Stress hatte. Nebenbei erwähnt, war der Brief mit dem Gutschein an Herrn Jürgen Kluge adressiert, der Name, der ungefähr zeitgleich nahe Hannover in Granit gemeißelt wurde.
Damit endete die "Glückssträhne" aber auch, und seitdem hat sich nichts mehr getan. Die anfangs für den Fall zuständige Stelle, die sowieso schon outgesourct war, wurde im Zuge einer weiteren Umstrukturierung ganz aufgelöst. Bestimmt gibt es eine neue Stelle, die theoretisch für solche Fälle zuständig ist, aber die weiß nun überhaupt nicht mehr, was los ist.
Und wo sollte die auch die Sterbeurkunde und die Bahncards her bekommen?!!
Bis zum heutigen Tage hat meine Mutter ein Bahncard-Abo und fährt zum vollen Preis mit dem Zug. Dazu kommt, dass sie sich neben der Trauerarbeit, die nicht zu unterschätzen ist, auch noch mit einem ignoranten Großunternehmen rumplagen muss, für das die Worte "Kundendienst" und "Service" nur leere Hülsen sind, die es besonders in Anwesenheit von Mikrofonen herum zu spucken gilt.
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jasper
danke emu.
einer deiner besten einträge seit langem.
nicht, dass ich die trivialen einträge nicht zu schätze wüsste.
dieser gefällt mir doch sehr gut. er hat ne story und ist deep.
wie wir es pflegen zu sagen.
gruß. wir sehen uns am we.
Robert Curth
Frechheit. Servicewüste Deutschland sage ich da nur. Das scheint wohl bei Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern Normalzustand zu sein.
Fritzi
autsch! ätzend, mann!
Schlomo
das is echt der gipfel. hab dem mehdorn mal ne mail geschrieben, und bin gespannt ob sich was tut, glaube zwar nicht, dass er persönlich vorbeikommt, aber vielleicht bekommt ihr ja bald eure Bahncard.
Herschel Rubinstein
oha, du bist doch hoffentlich nicht ausfallend geworden