Treiben wir die Sau durchs Dorf
Zurzeit habe ich blog-technisch einen kleinen Durchhänger. Irgendwie fehlt mir einfach die Motivation Tag für Tag ein oder zwei belanglose Postings rauszuhauen. Nicht, dass ich eine Abscheu gegen belanglose Postings entwickelt hätte, ich habe momentan einfach keine Lust mir Belanglosigkeiten aus den Fingern zu saugen.
Aber zum Glück gibts jetzt eine fette Sau, die wir durchs Dorf treiben können. Unser aller SPIEGEL hat in seiner aktuellen Ausgabe geschrieben, dass die Blogosphäre nicht funzt, und schon kann das Rennen beginnnen. Es wird gehetzt und gepöbelt, geätzt und polemisiert, gelacht und bitterlich geweint. Hier eine illustre Auswahl:
Patsy Jones
StoiBär
Die Welt ist scheisse
fixmbr
Don Dingens
Nerdcore
Upload Magazin
Sehr schön. Nur zu Fixmbr möchte ich anmerken, dass seine Einschätzung der "bösartigen" Berichterstattung machtkorrumpierter Journalisten die Sache sehr vereinfacht darstellt. Genauso gut könnte ich die Funktionsweise eines Atomreaktors so erklären, dass der Vorarbeiter halt hingeht und das Atom spaltet. Aber wie wir wissen ist die Sache etwas komplexer, auch in der Print-Medien-Landschaft. Und wenn dort Müll geschrieben wird, spielen da sicher mehr Faktoren eine Rolle, als lediglich charakterliche Unzulänglichkeiten einzelner Journalisten.
Ergo sehe ich kein Problem darin, wenn Journalisten einen Blog aufmachen und schreiben. Vielmehr kann es einem Blog einen enormen Qualitätsschub geben, wenn die/der Verfasser/in die Kunst der Recherche beherrscht. Man müsste dann nicht täglich Nichtig- und Belanglosigkeiten rauskloppen, so wie ich das tue. Und wenn sich ein/e freie/r Blogger/in dann doch mal "korrumperen" lässt, ist das schade, aber sicher kein Grund den "Jedermannonlinejournalismus" in Frage zu stellen. Man kann nichts aufbauen, wenn man ständig kaputt redet.
Und überhaupt - dieses ständige Schwanzvergleichen. "Die da drüben haben viel mehr Blogs als wir, und dort haben viel mehr Blog-Leser." Das ist so unglaublich egal, die Farbe senegalesischer Dromedarskrota ist relevanter für meine Bloggertätigkeit, als die Frage wieviel Italiener/Franzosen/hastenichgesehen täglich einen Blog lesen.
So, jetzt habe ich die Gelegenheit mal wieder gekonnt genutzt Content zu generieren. Vielen Dank für diese ergiebige "Sau". Übrigens möchte ich auch darauf hinweisen, dass ich gleich noch etwas gegen die Verlinkungs-Faulheit in der deutschen Blogosphäre unternommen habe. Überhaupt finde ich, dass da viel mehr gehen muss. Drei externe Links pro Beitrag sollte die Devise lauten. Wer das nicht befolgt gehört aufs Schafott.
Immer schön verlinken, dann zeigen wir den Amis mal, was 'ne Harke ist…
9 Kommentare zu "Treiben wir die Sau durchs Dorf"
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StoiBär
Einspruch! Den Spiegelbericht hab ich gar nicht gelesen und mein Beitrag bezieht sich eher auf die "Wir müssen Erfolg haben wie die Amis" oder "Blogs müssen Geld abwerfen" - Phrasen. Trotzdem danke für den Link!
Herschel Rubinstein
naja, um ehrlich zu sein konnte ich gar keinen richtigen auslöser identifizieren, also habe ich den spiegel-artikel genommen.
ist im endeffekt aber auch egal, hauptsache die sau rennt
Oliver
>Vielmehr kann es einem Blog einen enormen Qualitätsschub geben, wenn die/der Verfasser/in die Kunst der Recherche beherrscht.
Jeder Student beispielsweise erlent dies in den ersten Semestern oder scheitert auf Dauer kläglich.
>Man müsste dann nicht täglich Nichtig- und Belanglosigkeiten rauskloppen, so wie ich das tue.
Kommst du dir deswegen weniger wichtig vor, als ein Journalist? Blicke ich heute kulturhistorisch zurück, sind es gerade diese Belanglosigkeiten, die Kultur definieren und insbesondere den Menschen. Staatstragende Akte sind netter Schmuck über die Jahrtausende, aber die Kultur, die Menschheit definiert sich durch das Leben.
Und letztendlich konnte die Menschheit auch schon zuvor recht gekonnt von sich künden ohne die knapp 200 Jahren bestehende heutige Form der Presse bzw. die erstmalig vor 400 Jahren aufgetretene Form kanalisierter, regelmäßig offerierter Information.
Man sollte das Netz als Chance betrachten wieder ein Stück weit Mündigkeit zurück zu erlangen. Insofern freue ich mich über jeden der Partizipiert und somit ein Stückweit Menschheitsgeschichte schreibt.
Axel
Vielleicht mal ein ganz "neuer" Aspekt:
"Weblog" eine Wortkreuzung aus engl. "World Wide Web" und "Log" für Logbuch. Das hat meiner Ansicht nach nichts zu tun mit Belanglosigkeiten oder investigativem Journalismus, sondern ausschließlich mit einer höchst persönlichen Sicht auf bestimmte "Dinge".
Solche "Dinge" können recherchiert sein oder überzeichnet, verbrämt oder konterkariert.
Was sie allerdings immer sein sollten: authentisch.
Ob dem so ist, merkt man sehr schnell!
Herschel Rubinstein
@oliver: 1. nicht jede/r studiert. 2. nicht jede/r, die/der studiert kriegt einen kurs in recherche
ich persönlich bin mit den Themen, die ich auf diesem blog anschneide höchst zufrieden, und aus den besucherzahlen leite ich ab, dass der blog auch für andere menschen interessant ist und damit so etwas wie eine daseinsberechtigung hat.
allerdings habe ich meine ausführungen unter dem gesichtspunkt von "blogs als alternative zu den traditionellen medien" geschrieben. so gesehen bringt phase 5 zum großen teil belanglosigkeiten (was nicht durchweg negativ zu verstehen ist) und ist keine alternative zu den traditionellen medien, sondern ein eigenes medium, das neben den traditionellen besteht. dinge wie youtube-videos oder andere lustige netzfundstücke kann eine zeitschrift nicht, oder nur unzureichend bringen. da hat man als blog eine eigene position.
aber wenn man den blog als "digitale zeitschrift" und somit als wirkliche alternative zu den traditionellen medien führt, dann muss man anders an die sache rangehen, wirklich wissen was man tut, und dann bin ich auch der meinung, dass ein gut geschriebener blog so viel relevanz haben kann, wie 10 blogs, die wie phase 5 betrieben werden.
nicht unbedingt mehr daseinsberechtigung oder unterhaltungswert, aber auf jeden fall mehr relevanz.
@axel: sehr interessanter aspekt. ich denke auch, dass jede/r in erster linie darüber bloggen sollte, was sie/er interessant oder wichtig findet, ansonsten könnte man das internet in der jetzigen form einstampfen, da es keinen nutzen bringen würde.
wenn man wiederum bloggt, was man wichtig und interessant findet, dann wird es auch authentisch und man wir über kurz oder lang auf menschen treffen (bzw. andersherum), die das ebenfalls interessant finden. ob man täglich über sein frühstück bloggt oder skandale in der weltpolitik aufdeckt, ist da zweitrangig.
und ob es nun mehr blogs der ersten sorte gibt, oder mehr der zweiten ist genau genommen ziemlich egal.
Heard-the-Nerd
Bloggen und selbige zu lesen ist Zeitverschwendung!
Aber verdammt, das ist Sex ohne Zeugungshintergrund auch!
Herschel Rubinstein
bloody hell! ich schreibe mir einen wolf, dabei lässt es sich so knapp zusammenfassen.
jksimpson
aaaalso erstmal ist der blog oder weblog nur a) eine organisationsform (zeitlich geordnete einträge, der neueste zuerst) und somit b) eine von zahlreichen möglichkeiten, informationen, meinungen und anderen content im web zu präsentieren. sie gilt als subjektive form, aber das muss sie ja nicht notwendigerweise sein. es gibt ja unzählige arten des contents, die sich in einem blog organisieren lassen. und es gibt jede menge content, für die sich andere formen stärker anbieten, so wie podcasts, fotoblogs, "klassische" homepages mit eher statischen inhalten, wikis, und und und... was ich eigentlich sagen wollte: ich sehe keinen gegensatz zwischen "blog" und "journalismus". es gibt blogs, die nach journalistischen prinzipien betrieben werden, andere, bei denen das nicht zutrifft. das gleiche gilt übrigens auch für printmedien.